Verdienste

Im April 2024 gab es rund 2,3 Mio. Beschäftigungsverhältnisse im Mindestlohnbereich mit Verdiensten am gesetzlichen Mindestlohn von 12,41 Euro oder darunter. Das entsprach einem Anteil von rund 5,9 Prozent an der Gesamtbeschäftigung. Davon befanden sich rund 1,4 Mio. Beschäftigungsverhältnisse oder 3,7 Prozent der Gesamtbeschäftigung mit einer Entlohnung in einem Bereich von 10 Cent um den Mindestlohn. Im April 2023, acht Monate vor der Anhebung des Mindestlohns im Januar 2024, gab es noch 4,1 Mio. Beschäftigungsverhältnisse mit einem Verdienst von weniger als dem zukünftigen Mindestlohn von 12,41 Euro.

15 Prozent aller Mindestlohnbezieherinnen und -bezieher waren im Jahr 2024 vollzeitbeschäftigt, das sind 1,5 Prozent aller vollzeitbeschäftigten Erwerbstätigen in Deutschland. Mehrheitlich arbeiten Mindestlohnbeschäftigte in einer geringfügigen Beschäftigung, d. h. maximal 10 Stunden pro Woche. Im Jahr 2024 umfasste diese Beschäftigtengruppe mehr als 62 Prozent aller Mindestlohnbezieher oder 23,7 Prozent aller geringfügig Beschäftigten.

Beschäftigungsverhältnisse mit Stundenlöhnen am oder unterhalb des Mindestlohns

Das Balkendiagramm zeigt die Entwicklung der Beschäftigten im Mindestlohnbereich in den Jahren 2022 und 2024. Verglichen werden verschiedene Gruppen nach Ost-/Westdeutschland, Geschlecht, Alter, Qualifikationsniveau, Beschäftigungsform und Betriebsgröße. In fast allen Gruppen steigt der Anteil der Beschäftigten mit Mindestlohn deutlich an. Quelle: Verdiensterhebung (VE) April 2022, Verdiensterhebung (VE) April 2024, eigene Berechnungen

Im Jahr 2026 werden nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes bis zu 6,6 Mio. Beschäftigungsverhältnisse von der Anhebung des Mindestlohns auf 13,90 Euro umfasst sein. In dieser Anzahl an Jobs wurde im Jahr 2024 noch weniger als 13,90 Euro in der Stunde verdient. Weitere Lohnsteigerungen nach April 2024 wurden in der Schätzung des Statistischen Bundesamtes nicht berücksichtigt. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schreibt die Lohnentwicklung unter Annahme eines jährlichen Lohnwachstums von 3 Prozent bis Ende des Jahres 2025 fort und prognostiziert auf dieser Grundlage, dass die Anhebung des Mindestlohns auf 13,90 Euro zu Beginn des Jahres 2026 rund 4 Mio. Beschäftigungsverhältnisse umfassen wird.

Der durchschnittliche Stundenlohn von Beschäftigten im Mindestlohnbereich lag im Jahr 2024 rund 30 Prozent höher als Anfang des Jahres 2022. Der durchschnittliche monatliche Verdienst im Mindestlohnbereich fiel rund 16 Prozent höher aus. Die Verdienstentwicklung lag in der Gesamtwirtschaft im gleichen Zeitraum bei rund 10 Prozent. Die Preissteigerung, die die Kaufkraft der Nominallöhne reduziert, betrug im Jahr 2022 rund 7 Prozent. Im Jahr 2023 waren dies rund 6 Prozent und im Jahr 2024 rund 2 Prozent.

Veränderung der durchschnittlichen Stundenlöhne im Mindestlohnbereich und bei allen Beschäftigungsverhältnissen zwischen den Jahren 2022 und 2024

Das Säulendiagramm zeigt das Stundenlohnwachstum für Deutschland, West- und Ostdeutschland im Mindestlohnbereich und insgesamt. Zwischen 2022 und 2023 lag der Anstieg im Mindestlohnbereich bei über 25 %, im Folgejahr 2023 bis 2024 bei unter 5 %. Insgesamt betrug das Wachstum in beiden Jahren rund 5 %. Quelle: Verdiensterhebung (VE) April 2022, April 2023, April 2024, eigene Berechnungen

Im Auftrag der Mindestlohnkommission wurden Kausalanalysen durchgeführt, mit deren Hilfe der Einfluss des Mindestlohns auf die Verdienste getrennt von anderen Einflussgrößen ermittelt werden kann. Dazu werden Lohnveränderungen von Beschäftigten im Mindestlohnbereich mit denen von Beschäftigten mit höheren Löhnen verglichen. Diese Untersuchungen zeigen, dass es mit der Mindestlohnanhebung auf 12 Euro Lohneffekte von rund 6 Prozent auf die Stundenlöhne betroffener Beschäftigter gegeben hat, die auf den Mindestlohn zurückzuführen sind. Auf die monatlichen Verdienste hat die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro einen Effekt von rund 5 Prozent gehabt. Der Grund für geringere Zuwächse bei den Monatslöhnen als bei den Stundenlöhnen liegt darin begründet, dass die wöchentlichen Arbeitszeiten in vielen Fällen reduziert wurden. Die wöchentliche bezahlte Arbeitszeit ging aufgrund der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro um bis zu 3 Prozent zurück.

Die mindestlohnbedingten Anstiege von Stundenlöhnen infolge der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro fielen in Ostdeutschland größer aus als in Westdeutschland. Von der Anhebung konnten Frauen etwas stärker profitieren als Männer. Die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro hat den Gender Pay Gap somit tendenziell reduziert. Je nach Studie lassen sich Effekte auf die Stundenlöhne sowohl bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als auch teilweise bei geringfügig Beschäftigten feststellen.

Verteilung der Beschäftigungsverhältnisse im unteren Lohnbereich in den Jahren 2022 bis 2024 auf Basis der VE

Quelle: Verdiensterhebung (VE) Juli 2022, April 2023, April 2024

Der Mindestlohn hat den Aufbau der Lohnverteilung verändert. Durch die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober 2022 ist im Jahr 2023 eine Ballung der Beschäftigungsverhältnisse bei 12 Euro entstanden. Durch die Anhebung des Mindestlohns auf 12,82 zu Beginn des Jahres 2024 hat sich im Jahr 2024 eine ähnliche Konzentration zwischen 12 Euro und 13 Euro gebildet. Kausalstudien legen mehrheitlich nahe, dass es auch positive Effekte auf die Stundenlöhne in Lohngruppen oberhalb des Mindestlohns gab. Demnach waren solche Verschiebungen ("Spillover-Effekte") als Stundenlohnanstieg in Höhe von 3 bis 4 Prozent in Lohngruppen bis unter 16 Euro zu beobachten. Die Größe des Niedriglohnsektors ist im Jahr 2022 durch die Mindestlohnanhebungen deutlich gesunken und in den Jahren 2023 und 2024 weitgehend unverändert geblieben.

Im Rahmen von Zollprüfungen sowie qualitativen Studien wurden verschiedene Vorgehensweisen zur Umge­hung des Mindestlohns identifiziert. Die nicht korrekte Erfassung der Arbeitszeit ist dabei besonders relevant. Darunter fällt unter anderem die Nichtdokumentation von geleisteten Arbeitsstunden, das Einrechnen von nicht gewährten Pausen in die Arbeitszeit, die Nichtvergütung von Rüstzeiten oder Vor- und Nacharbeiten, die Nichtvergütung von Leerfahrten im Personentransportgewerbe sowie fehlerhaft geführte Arbeitszeitkonten.

Abschlussberichte der Forschungsprojekte

5. Bericht der Mindestlohnkommission